Farbe in der Architektur

Farben entwerfen für Architektur, Projekte 10

Drei Wohngebäude für Studierende mit 258 Apartements in Bochum, Laerheidestraße
Bauherr: Akademisches Förderwerk AKAFÖ
Architekten: ACMS Architektur Contor Müller Schlüter, 2019

Das Äußere der Gebäude zeigt Grau-Nuancen mit metallischer Anmutung, graubraunes Holz, Beton und Glas. Die mit hellen, kräftigen Rahmungen gefassten Fenster sind außen anthrazit, innen weiß.
Die Apartments haben schwarzen Boden, Beton (Decke und eine Wand), hölzerne, zum Teil weiße Einbauten. Zwischen und gegen diese beiden Bereiche mit ihrer Materialfarbigkeit steht die eigenständige Welt der sozusagen freien, gemalten Farben der Flurwände. Die Böden, auch hier schwarz, ebenso die Türblätter und Türnischen, die Decken zeigen Beton.
Das hauptsächliche Ziel der Farbgebung ist nicht das Kennzeichnen von Funktionen (Eingang) und Positionen (EG/OG), sondern das Erzeugen von Farbräumen und Raumatmosphäre durch charakteristische Farbklänge, die für empfängliche Nutzer vielfältige Farbeindrücke und -erlebnisse bieten.

Der Haupteingang. Rechts der Durchgangsraum zum Nebeneingang. Zentral darin die weiße Postbox.

Der Nebeneingang, rechts der Fahrstuhl. Die Briefkastenanlage: weiß, weil Weiß die Assoziation zum Brief befördert.

Rosa, durch die Remission vom Rot der gegenüberliegenden Wand. Blick in Richtung Flur.

Der lange Flur mit der grünen Wand, die einen vom Haupteingang her begleitet.

Die Mitte des Flurs, vom Rot betont. Am Ende links das Grün vom Eingang, wodurch sich Anfang und Ende des Flurs verbinden.
Am rechten Ende des Flurs strahlendes Gelb, das durch seine Intensität die Distanz zum Betrachter verringert.

Gelb, Rot und das durch Tageslicht geschärfte Grün markieren die Positionen im Raum: Der Anfang, die Mitte und das Ende des Flurs, das durch die blaugrüne Farbe mit dem Anfang verbunden wird.

Die dem Rot gegenüberliegende Seite: unaufgeregt ohne banal zu sein. Reduktion der Farbklänge bis zum kühlen Ende.

Im Gegensatz zum Gelb, das die Länge des Flurs verkürzt, entfernt sich das auf das Gelb folgende Blau trotz seiner Intensität, nicht atmosphärisch wie ein helleres, vergrautes Blau, sondern so wie körperhaft erscheinendes tiefes Himmelsblau. Die Farben auf der neutralweißen Fensterwand antworten durch das starke Licht und durch die geringe Entfernung kräftig auf ihr Gegenüber.

Das Grau beruhigt einerseits die Farbszene, andererseits steigert es den Gelb-Blau-Klang in seiner Direktheit. Am Ende des Flurs, hinter der Tür: Die Steigerung des Gelbs durch Rötung und damit auch hier, durch die Beziehung zum anfänglichen Rot. Verkürzung der Länge.

Zartes, beruhigendes Ton-in-Ton vom Gelbem zum Rotem, – gegenüber das Staccato stark bunter Farben.

Vor lauter Farben und Farbspielen könnte übersehen werden, dass dazwischen Menschen wohnen. Das ist Absicht, denn in einer Wohnanlage mit mehreren hundert Bewohnern auf engem Raum ist Anonymität vom Einzelnen gewünscht. Die Gegenwart der Farben läßt dies zu.

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